Hand in Hand

Steuerung eines Roboters mit Joystick
Noch werden die Roboter mit Joysticks gesteuert – später sollen sie selbstständig assistieren. (Bild: FAU/Anna Tiessen)

Über Roboter, die bei Operationen assistieren

Künstliche Intelligenz für die Medizin und Roboter, die bei chirurgischen Operationen assistieren – daran forscht Franziska Mathis-Ullrich. Ihre Professur wird von der Hightech Agenda Bayern gefördert.

Doktorand Paul Scheikl hält einen Xbox-Controller in der Hand. Was er steuert, ist aber kein Spiel, sondern ein Roboter. Und zwar einer, der zukünftig für Operationen am Menschen eingesetzt werden soll. „In diesem Fall ist das ein Roboter für die Abdominalchirurgie, also zum Beispiel für Operationen an der Leber“, erklärt Franziska Mathis-Ullrich. Sie ist Professorin am Department Artificial Intelligence in Biomedical Engineering (AIBE) und leitet dort das Surgical Planning and Robotic Cognition Lab (SPARC).

Vor ihr steht ein Tisch, an dessen Seiten zwei Roboterarme aufgebaut sind. Die Arme halten in der Mitte ein rotes Tuch mit zwei farbigen Punkten, grün und gelb. Auf seinem Computerbildschirm sieht Scheikl das Tuch mit den farbigen Punkten und zwei zusätzliche Markierungen, ebenfalls grün und gelb. „Die Aufgabe ist es, die Markierungen in die richtige Position zu bringen. Gelb soll zu Gelb, Grün zu Grün“, erklärt er. Mit dem Controller steuert er die Roboterarme, sie ziehen das Tuch in Position. „Das klappt ja schon ganz gut“, lacht Mathis-Ullrich. In einer Klinik soll der Roboter später ganz eigenständig Aufgaben eines assistierenden Chirurgen übernehmen und so das Team während einer Operation unterstützen – also ganz ohne einen Menschen, der ihn via Controller bedient. „Der Mensch bleibt aber der kontrollierende Part, wie in einem Auto mit Fahrassistenzsystemen“, erklärt Mathis-Ullrich. Eine solche Zusammenarbeit durch lernende Roboter gibt es in der allgemeinen Robotik nur selten, in der Medizinrobotik bisher gar nicht.

Prof. Dr. sc. (ETH Zürich) Franziska Mathis-Ullrich
Bild: FAU/Georg Pöhlein

Prof. Dr. Franziska Mathis-Ullrich studierte Maschinenbau und Robotik an der ETH Zürich, 2017 promovierte sie in Mikrorobotik. Bevor sie 2023 an die FAU kam, war sie als Professorin am Karlsruher Institut für Technologie tätig. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf minimalinvasiven und kognitionsgesteuerten Robotersystemen und eingebettetem Machine Learning mit Schwerpunkt auf Anwendungen in der Chirurgie. Sie ist Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Computer- und Roboter-assistierte Chirurgie (CURAC) und hat zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten.

Mit Neugier und Leidenschaft

Im SPARC forscht ein ganzes Team an Robotik und KI für den medizinischen Bereich. Mathis-Ullrich sieht diese Arbeit als Brücke zwischen Technologie und Medizin. Deshalb macht es ihr auch besonderen Spaß, neue Ideen zu entwickeln, um Hard- und Software zusammenzubringen. „Oft wird mir die Frage gestellt, ob wir nicht einen Roboter für alle Arten chirurgischer Eingriffe bauen können“, erzählt Mathis-Ullrich. Aber ein Super-Roboter, der an Weichgewebe operieren und zugleich in der Orthopädie oder in der Neurochirurgie eingesetzt werden kann, ist für sie nicht sinnvoll. Denn für die Wissenschaftlerin hat es einen Grund, warum es innerhalb der Chirurgie unterschiedliche Disziplinen und entsprechende Fachausbildungen gibt.

Deshalb arbeitet ihr Lehrstuhl an unterschiedlichen Teilprojekten, die sich auf verschiedene chirurgische Bereiche fokussieren. Ramy Zeineldin und Nevin Matasyoh etwa forschen für die Neurochirurgie – bisher wenig robotisch, viel mehr an Machine Learning und KI. Wie geht eine KI vor, wenn sie beispielsweise einen Tumor anhand eines MRT-Bilds segmentiert? Um das nachvollziehen zu können, hat Zeineldin ein Plug-in entwickelt. Matasyoh hingegen erstellt ein Programm, mit dem Chirurgie-Trainees ein OP-Video samt der zugehörigen Erklärung gezeigt werden kann. „Die Erklärtexte soll das Programm mithilfe von KI künftig selbst generieren“, sagt Mathis-Ullrich. Insgesamt möchte sie mit den Arbeiten im SPARC Lab komplette chirurgische Prozesse abbilden, also Hardware und Software, die am Ende Einzug in die Kliniken halten.

Um das umsetzen zu können, ist es ihr insbesondere wichtig, den wissenschaftlichen Nachwuchs, vor allem den weiblichen, zu fördern: „Nur zusammen erreichen wir unsere Ziele“, sagt Mathis-Ullrich. „Deshalb ist die Atmosphäre bei uns im SPARC-Labor locker, mein Team mit Leidenschaft und Neugier bei der Sache. Das ist wichtig, sonst wäre man nicht richtig in der Wissenschaft.“

Autorin: Laura-Grazia Indelicato

Hightech Agenda Bayern

Mathis-Ullrichs Professur für Medizinrobotik ist eine von 1.000 neuen Professuren, die die Bayerische Staatsregierung im Rahmen der Hightech Agenda Bayern (HTA) fördert. Ziel der HTA ist, zentrale Zukunftsbereiche wie Künstliche Intelligenz, Clean Tech sowie Luft- und Raumfahrt zu unterstützen, so die Spitzenstellung Bayerns in Forschung und Lehre zu stärken und die Entwicklung neuer Ideen und neuester Technologien sowie deren Umsetzung in die Praxis zu fördern.

www.hightechagenda.de


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

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